Die Beruflichen Fortbildungszentren der Bayerischen Wirtschaft (bfz) schließen als erster Träger in Mittelfranken die Lücke zwischen Alphabetisierungs-, Zweitschriftlernkurs und dem allgemeinen Integrationskurs und führen nun in einem speziellen Integrationskurs 14 Menschen langsam an die deutsche Schriftsprache heran. Der Integrationskurs für Geringliteralisierte, der am 14. Juli in Weißenburg gestartet ist, richtet sich an Zugewanderte, die Schwierigkeiten mit dem Lesen und Schreiben in ihrer Muttersprache haben oder lernungewohnt sind. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hat das Konzept entwickelt und finanziert das Angebot. Im Mai wurde es der Öffentlichkeit erstmals vorgestellt.
Im Kurs in Weißenburg ist der älteste Teilnehmer 63 Jahre alt und der jüngste gerade mal 18. Lehrerin Tatjana Horneber nimmt alle – die meisten von ihnen Frauen aus Syrien, Kosovo, Äthiopien und der Ukraine – Schritt für Schritt an die Hand. Jeden Tag von 8 bis 12:15 Uhr sind die Teilnehmenden vor Ort und lernen nicht nur die Sprache, sondern auch viel über Deutschland. Am Nachmittag ist Zeit für Hausaufgaben und Nacharbeiten. „Die ersten Wochen waren nicht so einfach. Die meisten mussten sich erst an so eine formale Lernsituation gewöhnen. Das hat erstmal für Frust gesorgt. Aber jetzt sind alle motiviert, sie erleben die ersten Lernerfolge. Ich versuche alles anschaulich zu machen, ich habe schon Obst und Kleidung in den Unterricht mitgebracht. In Rollenspielen durfte sie dies dann kaufen oder verkaufen. Das hat allen Spaß gemacht.” „Ich bin so froh, dass wir dieses Angebot nun haben. Gerade im ländlichen Raum ist es so wichtig, dass zugewanderte Frauen, die sich um die Kinderbetreuung kümmern, eine Perspektive bekommen”, ergänzt Michaela Wolff, die sich als Seminarleiterin um alles Organisatorische rund um die Integrationskurse in Weißenburg kümmert.
Am Ende absolvieren die Teilnehmenden den Deutsch-Test für Zuwanderer. Mit dem Zertifikat weisen Zugewanderte nach, dass sie im Alltag und Beruf auf Deutsch kommunizieren können und nehmen so eine Hürde auf dem Weg zur Niederlassungserlaubnis. „Es ist sehr gut, dass das BAMF erkannt hat, dass es hier eine Angebotslücke gibt“, sagt Oleksandra Iaroslavtseva, die sich als Koordinatorin bei den bfz Mittelfranken um die Sprachkurse für Zugewanderte kümmert. „Auch wir hatten beobachtet, dass manche Teilnehmenden in keine der drei bisherigen Kursarten passen. Für manche war der Alphabetisierungskurs viel zu leicht, der allgemeine Integrationskurs aber zu schwer.“
Oleksandra ist gerade dabei, die Gruppen für weitere Kurse zusammenzustellen. Am 13. Oktober startet der erste Integrationskurs für Geringliteralisierte auch in Ansbach und am 20. Oktober in Dinkelsbühl. „Da gibt es jeweils noch Plätze. Also wer jemanden kennt, für den der Kurs passen könnte, weitersagen. Im ersten Schritt machen wir einen Einstufungstest, um sicherzugehen, dass der Kurs wirklich das Richtige ist. Das können ältere Menschen sein, die ein Leben lang in einem Beruf gearbeitet haben, in dem sie wenig bis gar nicht lesen oder schreiben mussten oder Jüngere, die nur über geringe schulische Bildung verfügen.“